DESIGN / HISTORISCHES / TYPOGRAFIE

DAS „ESZETT“ WIRD GROß!

Welcher Designer kennt das nicht: Der Kunde möchte mitten im Versalsatz ein „Eszett“ einfügen, also z.B. GROßARTIG (oder auch AUßERGEHIRNLICH) Der Designer kämpft gegen diese Stilsünde natürlich mit vollem Einsatz. Denn hier geht es um nichts Geringeres als seine typografische Ehre! Wer sich nicht ohne Stolz als Designer bezeichnet und die obligatorischen „Typographie-Kurse“ in seinem Studium absolviert hat, der weiß schließlich, dass ein „Eszett“ zwischen Großbuchstaben genauso wenig verloren hat, wie ein Osterhase unterm Tannenbaum.

Aber warum eigentlich? Die Sache ist eigentlich sehr einfach: Das „Eszett“ (oder auch scharfes „s“ genannt) existierte bis vor kurzem noch ganz offiziell als reiner Kleinbuchstabe. So konnte man es auch ausdrücklich im Duden nachlesen: „Jeder Buchstabe existiert als Kleinbuchstabe und als Großbuchstabe mit Ausnahme des ß.“ Wollte man also typografisch korrekt handeln, so musste man ein „Eszett“ in einem groß geschriebenen Wort in ein Doppel-S verwandeln. Denn ein Kleinbuchstabe hat unter den „Großen“ nichts zu suchen. Und genau das den Kunden zu vermitteln hat Designer und Typographen immer so viel Mühe gekostet.

Und nun die gute Nachricht: Der Dauerstreit zwischen Designern und Kunden über das große „Eszett“ wird sich in Zukunft in Harmonie auflösen. Denn der Rat für Rechtschreibung hat am 8. Dezember 2016 beschlossen, das „Eszett“ endlich als Großbuchstaben zu akzeptieren. Es gibt bereits jetzt viele Schriften, die ein großes – und damit korrektes – „Eszett“ enthalten. Dem sehnlichen Wunsch vieler Kunden, das Wort GROßARTIG (oder auch AUßERGEHIRNLICH ) mit „Eszett“ zu schreiben, steht also nichts mehr im Wege!

Und noch etwas Wissenswertes zum Thema „Eszett“: Dieser sonderbare Buchstabe existiert nur im deutschen Sprachraum, und selbst hier nicht überall: die Schweizer und Liechtensteiner etwa benutzen ihn gar nicht. Der Grund: Im heutigen Deutschland kam es vor etwa tausend Jahren zur sogenannten „zweiten Lautverschiebung“, im Zuge derer sich die Aussprache der Menschen langsam veränderte. So wurde in vielen Wörtern das „t“ nunmehr als „s“ gesprochen, aus „dat“, „wat“ und „eten“ wurde über Jahrhunderte „das“, „was“ und „essen“. Ab dem 14. Jahrhundert etablierte sich für diesen Laut dann die Schreibweise „sz“.

Hieraus erklärt sich auch die Bezeichnung als „Eszett“ sowie die Entstehung des Zeichens „ß“ : So setzte man die beiden Buchstaben „s“ und „z“ aus der alten Frakturschrift zusammen und es entstand ein neuer Buchstabe der dem heutigen „ß“ schon sehr ähnlich sah.

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